Schwitzen für mehr Hirnschmalz
Rund zwei Drittel der Österreicher betreiben gar keinen Sport, der Rest nur gelegentlich. Dabei senkt körperliche Bewegung nicht nur das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Depressionen - jüngste Forschungsergebnisse zeigen einen deutlichen Zusammenhang zwischen Bewegung und Hirnleistung. Der Körper könne gar als Lernwerkzeug dienen, sagt die Neurowissenschafterin Manuela Macedonia. Experten fordern schon längst eine professionalisierte Bewegungsoffensive in Kindergärten und Schulen.
Weltweit machen 23 Prozent der Erwachsenen und 81 Prozent der Kinder im Schulalter zu wenig Bewegung, so die Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Dabei sollen sich junge Menschen zwischen fünf und 17 Jahren mindestens eine Stunde am Stück bewegen, Erwachsene zumindest zweieinhalb Stunden pro Woche. Sich wenig zu bewegen ist aber immer noch besser als gar nichts zu tun: Bewegungsmangel verkürzt die Lebenserwartung laut einer internationalen Studie im Durchschnitt um 2,4 Jahre.
Bereits mehr als ein Drittel der österreichischen Kinder und Jugendlichen weist Haltungsschäden bzw. -schwächen auf. Und etwa ein Drittel gilt als übergewichtig, sechs (Mädchen) bis neun (Buben) Prozent werden als adipös eingeschätzt, so die Wiener Kinderärztin Susanne Greber-Platzer. Weltweit ist die Zahl der übergewichtigen Kinder laut der Weltgesundheitsorganisation zwischen 1980 und 2013 um mehr als 47 Prozent gestiegen. Langzeitstudien belegten zudem, dass Übergewicht in der Kindheit ein lebenslang erhöhtes Gesundheitsrisiko verursache, selbst wenn im Erwachsenenalter Normalgewicht erreicht werde.
Sport steigert Intelligenz
Wer sportlich ist, wird mit einem längeren Leben, aber auch einem fitteren Gehirn belohnt: Dass Sport einen unmittelbaren Einfluss auf die Gedächtnisleistung ausübt, zeigen mehrere Forschungsprojekte. So etwa eine aktuelle Studie der Fachhochschule OÖ am Campus Steyr, die in der Fachzeitschrift "Cognitive Systems Research" erschienen ist. Dabei mussten 60 männliche Schüler türkische Vokabeln lernen, dann wurden sie getestet. Im Anschluss durfte je eine Gruppe eine Stunde lang moderat walken oder laufen, ein ihnen gut vertrautes Computerspiel spielen oder gar nichts tun. Bei einem erneuten Test zeigte sich, dass der Gedächtnisverlust bei den Computerspielern laut Forscher Harald Kindermann "dramatisch" war. Bei den Sportlern war das Gemerkte hingegen deutlich höher als zuvor. Die Kontrollgruppe der "Untätigen" wies einen leichten Gedächtnisverlust auf. Die Erkenntnis: Sport erhöht den Kortisolspiegel, was beim Abspeichern von Gelerntem nützt.
Eine schwedische Langzeitstudie wiederum konnte nachweisen, dass eine Fitnesszunahme bei 15- bis 18-jährigen Jugendlichen mit einer höheren Intelligenz im Erwachsenenalter korreliert. Eine bessere Fitness im Alter von 18 Jahren stehe ihrerseits in einem positiven Zusammenhang mit einem höheren Bildungsabschluss und sozio-ökonomischen Status im weiteren Leben, so die Sportwissenschafterin Sabine Kubesch vom deutschen "Institut Bildung plus" in einem "Standard"-Interview.
Gehirnjogging alleine genügt nicht
"Menschen, die regelmäßig Bewegung machen, lernen besser als solche, die sich nicht bewegen. Das gilt nicht nur für Kinder, sondern für alle Altersstufen, sogar für Menschen mit fortgeschrittener Alzheimer-Erkrankung", erklärt die Hirnforscherin Manuela Macedonia, Senior Scientist an der Johannes Kepler Universität und Associate Researcher am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig auf Anfrage von APA-Science. Denn bei intensiver Anstrengung werde das Protein Nervenwachstumsfaktor ausgeschüttet. "Diese Substanz unterstützt den Aufbau von Verbindungen unter den Neuronen und ist somit ein Hauptakteur in der Bildung von Gedächtnisinhalten. Darüber hinaus stimuliert regelmäßige Bewegung auch die Entstehung neuer Gehirnzellen im Hippocampus, einer Struktur in der Tiefe des Gehirns. Diese Zellen 'wandern' im Stammzellenstadium dann in jene Areale, die durch das Lernen beansprucht sind. Dort unterstützen neue Zellen den Aufbau stärkerer neuronaler Netzwerke, die das neu Gelernte speichern", erklärt sie. Diese neuen Zellen brauchen natürlich dann auch "Hirnfutter" - werden sie nicht binnen drei bis vier Wochen mit Inhalten beschäftigt, sterben sie ab, so die Forscherin.
Für einen wirksamen Effekt müsse man sich - je nach individueller Ausgangskonstitution - schon regelmäßig "außerhalb der Komfortzone" sportlich betätigen. "Eine Stunde Spazierengehen ist zu wenig", betont die passionierte Läuferin und ruft Eltern dazu auf, als Vorbild zu wirken. Kinder und Jugendliche sollten sich täglich eine Stunde intensiv verausgaben, rät sie. "Dadurch werden sie körperlich gesünder, kognitiv leistungsfähiger und psychisch belastbarer." Denn nicht zuletzt werde auch die sozio-emotionale Befindlichkeit durch Sport beeinflusst: "Der Nervenwachtumsfaktor beugt gegen diverse psychische Erkrankungen vor, sogar gegen Essstörungen", erklärt Macedonia. Erwachsenen empfiehlt sie, sich etwa vier Stunden pro Woche intensiv zu bewegen. Mit steigendem Alter, besonders mit Eintritt in die Pension, solle Bewegung zum integrativen Bestandteil des Alltags werden.
Der Körper als Lernwerkzeug
Macedonia hat nachgewiesen, dass das Lernen von Vokabeln oder auch mathematischen Inhalten deutlich leichter fällt und das Gelernte länger behalten wird, wenn dabei begleitende Bewegungen durchgeführt werden. Diese Erkenntnisse müssten aktiv in den Unterricht einfließen, plädiert sie in einem gemeinsam mit der Neuropsychologin Claudia Repetto verfassten Fachartikel, der demnächst veröffentlicht wird. Warum lernt man leichter, wenn man ein Wort mit einer Geste verbindet? Macedonia: "Dadurch schafft man im Gehirn sehr ausgedehnte neuronale Netzwerke der Wortdarstellung. Durch die Bewegung wird das Wort - zusätzlich zur auditorischen bzw. visuellen Rinde - auch in motorischen Regionen gespeichert, die an mehreren Stellen im Gehirn verteilt sind. Die Beteiligung motorischer Regionen führt zur Involvierung des prozeduralen Gedächtnisses im Lernprozess, welches das deklarative Gedächtnis - also jenes für Listen, Fakten, Namen, usw. - unterstützt. Kombiniert man deklaratives und prozedurales Gedächtnis, hat man deutlich bessere Lernleistungen für Sprache, aber auch für andere zu memorierende Fächer."
Für den Einstieg ist es nie zu spät: Auch ältere Menschen profitieren von sportlicher Aktivität: So haben bewegungsträge Menschen ein um 80 Prozent erhöhtes Alzheimer-Risiko im Vergleich mit körperlich aktiven Menschen, wie Studien an der Medizinischen Universität Wien zeigen. Dass Fitness Herz und Hirn gesund hält, dafür haben zudem Forscher rund um Helena Schmidt vom Institut für Molekularbiologie und Biochemie der Medizinischen Universität Graz deutliche Hinweise gefunden. Fitte Studienteilnehmer erzielten demnach bessere Resultate bei ihrer Gedächtnisleistung, bei der Fähigkeit zu planen und Entscheidungen zu treffen sowie bei der Motorik. Ältere Menschen mit einem hohen Fitness-Niveau hatten ein auf die kognitiven Fähigkeiten bezogen bis zu sieben Jahre "jüngeres" Gehirn im Vergleich zu den weniger fitten Teilnehmern. Es habe sich auch gezeigt, dass - über mehrere Leistungsstufen hinweg - bei reduzierter Fitnessleistung auch die Gehirnleistung entsprechend sank. Weiters sei der positive Effekt von Fitness auf die kognitiven Funktionen des Gehirns "unabhängig vom Alter" sichtbar gewesen, sagte Schmidt.
In der Familie Grundstein legen
Ein wesentlicher Faktor für lebenslange Sportausübung ist die frühe Gewöhnung an sportliche Aktivität. "Wenn sich Eltern nicht bewegen, bewegen sich auch die Kinder nicht", meint auch Sport-Experte Hans Holdhaus, langjähriger Direktor des IMSB (Institut für medizinische und sportwissenschaftliche Beratung) im Bundessportzentrum Südstadt und warnte in einem Interview bereits vor zwei Jahren davor, dass angesichts der Erfahrungen im Rahmen von Talente-Tagen Österreichs Kinder für Sport vielfach offenbar ungeeignet seien. Punktuelle Aktionen würden nichts bringen, die Politik müsse ihre Verantwortung endlich wahrnehmen.
In dasselbe Horn stößt Otmar Weiß, Leiter des Zentrums für Sportwissenschaft und Universitätssport an der Universität Wien, gegenüber APA-Science. "Gewohnheiten werden im Kindesalter geprägt. Wer als Kind Fußball gespielt hat oder Skifahren war, wird dies später beibehalten, auch wenn vielleicht andere Sportarten hinzukommen und sich das Spektrum erweitert." Deshalb wäre auch die sinnvollste Maßnahme, mit Bewegung und Sport im Kindergarten zu beginnen. "Aber weder im Bereich der Elementarpädagogik noch bei den Volksschulen passiert etwas", stellt er fest. Die "tägliche Turnstunde" bzw. "tägliche Bewegungseinheit", die Sportminister Hans Peter Doskozil ab dem Schuljahr 2017/18 auf ganz Österreich ausweiten will - seit 2016/17 läuft sie als Pilotprojekt im Burgenland -, wertet er zwar als ersten Schritt. Dabei kommen für eine Stunde pro Woche zusätzlich Bewegungscoaches und Freizeitpädagogen mit Sportschwerpunkt - diese sind Sportlehrer oder Trainer mit pädagogischer Zusatzqualifikation - in die Schulen, eine zusätzliche Stunde Bewegung wird integrativ in den Unterricht eingebaut. "Ein großes Manko bleibt aber, dass Turnen in der Volksschule nicht von Fachlehrern unterrichtet wird", zeigt sich der Sportwissenschafter skeptisch.
In Ganztagsschulen sei die tägliche Bewegungseinheit bereits umgesetzt, betont Bildungsministerin Sonja Hammerschmid dazu auf Anfrage. "Es gibt aber noch andere Möglichkeiten, Sport und Bewegung in den Unterricht einzubinden, abseits der in der Stundentafel verankerten Sportstunde, etwa durch bewegtes Lernen." Im Burgenland werde die tägliche Turnstunde derzeit auch an nicht-ganztägigen Pflichtschulen als Pilotprojekt geführt und evaluiert. "Es ist natürlich ein Ziel, sie bundesweit umzusetzen, wir sind dazu in guten Gesprächen mit dem Sportministerium", so die Auskunft der Ministerin.
Schneller, höher, weiter? Nicht wirklich.
In welche Richtung sich das Leistungsniveau der Kinder und Jugendlichen entwickelt, wird regelmäßig am Interfakultären Fachbereich Sport und Bewegungswissenschaft der Universität Salzburg aufgezeigt. Dort wurde vor 20 Jahren in Kooperation mit dem Bildungsministerium im Rahmen der Studie "Klug und Fit" eine "Testbatterie" entwickelt, um die motorische Leistungsfähigkeit von 10- bis 15-Jährigen feststellen und vergleichen zu können. "Die österreichweite Plattform wird nach wie vor von Lehrern und Lehrerinnen genutzt. Auch wir führen regelmäßig Tests im Rahmen von Seminar- und Diplomarbeiten durch", erklärt Erich Müller, Vizerektor und bis 2011 langjähriger Leiter des Fachbereichs sowie Leiter der Studie.
Pädagogen geben die Testdaten ein und erhalten eine unmittelbare Auswertung. Sowohl das individuelle Stärken-Schwächen-Profil einzelner Schüler als auch eine Klassenauswertung werden ausgespuckt. Verglichen werden können die Ergebnisse mit einem Normprofil, das auf Basis der Daten von 67.000 Schülern erstellt wurde. Diesen Daten stünden wiederum Referenzdaten aus den 1980er-Jahren gegenüber. Die Entwicklung sei sehr besorgniserregend, betont Müller. "In den 70er und 80er-Jahren haben sich Mädchen im Schnitt bis zum Alter von 16 Jahren und Buben bis 19 körperlich positiv entwickelt. In den vergangenen zwanzig Jahren hat sich das Maximum der Leistungsfähigkeit klar nach unten verschoben", erläutert er. So hätten Mädchen bereits mit 11 oder 12 und Buben mit 13 oder 14 Jahren ihr Limit erreicht. "Das betrifft etwa so wichtige Faktoren wie Ausdauer und Koordination. Man kann sich vorstellen, welches Risiko auf diese Generation in punkto Herz-Kreislauf-Krankheiten zukommt", warnt der Sportwissenschafter.
Flächendeckende "Bewegungsschulen"
Ein Mehr an Bewegung in der Schule hält auch er grundsätzlich für einen richtigen Ansatz. "Aber sinnvoll ist es nur mit breit ausgebildetem Fachpersonal, sonst treten zwangsläufig Defizite auf", betont er die Bedeutung einer fundierten pädagogisch-didaktischen Qualifizierung. Nur so könne man die primäre Zielgruppe erreichen - übergewichtige Kinder, "die daheim stundenlang vor dem Computer oder Fernseher" sitzen. Es müsse gelingen, ihnen die Freude an der Bewegung zu vermitteln, beschreibt Müller die Herausforderung. "Um die anderen, die in jeder Pause Fußballspielen in den Schulhof laufen, braucht man sich weniger sorgen", meint er. Während die Ausbildung von Sportpädagogen für die Sekundarstufe I und II diese Situation stark berücksichtige, sieht der Vizerektor wie auch Weiß bei angehenden Pädagogen im Elementar- und Primarbereich deutlichen Nachholbedarf.
Auch am Land mit seinen in das gesellschaftliche Leben stark verankerten Vereinen sei es für Kinder zwar vielfach naheliegender, Sport zu betreiben, als in der anonymen Stadt. "Doch die Vereine fördern ab einem bestimmten Alter, etwa ab elf Jahren, nur mehr die wirklich guten Spieler. Die nicht so guten bleiben über", so die Erfahrung. Deshalb wäre Müllers Wunsch ein landesweites Modell einer "Bewegungsschule" ähnlich der von den Ländern bzw. Gemeinden getragenen, breit angenommenen Musikschulen - mit einem niederschwelligen, für alle leistbaren Angebot, und mit gut ausgebildeten Sportpädagogen.
Sport ist eine soziale Frage
In den wirtschaftsstarken Jahren zwischen 1970 und 2000 boomte der Breitensport. "Dann kam die Krise, und mit ihr eine Stagnation bei den Freizeitsportlern", erklärt Weiß. Der Anteil der aktiven bzw. inaktiven Österreicher sei seither relativ unverändert geblieben - darunter auch der nach wie vor um ein Drittel geringere Anteil der sporttreibenden Frauen.
Bis zum Alter von 40 Jahren ist im Schnitt jeder zweite sportlich aktiv. Bei unteren sozialen Schichten ist dies laut dem Sportsoziologen, der auch den Universitätslehrgang Psychomotorik an der Uni Wien leitet, nur bei zehn bis 30 Prozent der Fall. Unsportliche Frauen machen 65 Prozent aus, unsportliche Männer 55 Prozent. In Wien, Niederösterreich und dem Burgenland gibt es die meisten Sportmuffel. Auch vereinsbezogene Aktivitäten sind im Westen des Landes stärker ausgeprägt als im Osten. In Städten zwischen 20.000 und 250.000 Einwohnern wird am meisten, in Orten unter 20.000 Einwohnern sowie in Wien am wenigsten Sport getrieben.
"Grundsätzlich treiben Junge mehr Sport als Ältere, Männer mehr als Frauen", erklärt er. Auch der Bildungshintergrund sei nicht unwesentlich: "Menschen mit mittlerer und höherer Ausbildung tendieren zu finanziell aufwendigeren Sportarten bzw. zu Individualsportarten wie Golf und Skifahren oder gehen in das Fitnesscenter", führt Weiß aus. Sozial schlechter gestellte Personen würden eher Mannschaftssportarten, Boxen oder Ringen bevorzugen. Je höher das Einkommen, desto qualitätsvoller sei auch die Art und Weise, wie Sport betrieben werde, beispielsweise als Mitglied im Tennisklub. Entscheidend sei weiters der Wohnort: "Die Sportmöglichkeiten der Bevölkerung sind in den mittleren Städten - mit 20.000 bis 200.000 Einwohnern - grundsätzlich besser sind als in kleinen Gemeinden und im urbanen Bereich", erklärt der Sportwissenschafter.
Den Vereinen komme am Land nach wie vor eine wichtige Rolle in der Freizeitlandschaft zu, betont Weiß, auch wenn aufgrund des Geburtenrückgangs und der Abwanderung eine rückläufige Teilnahme an sportlichen Angeboten zu verzeichnen sei. "Aber insbesondere für ältere Menschen erfüllen die Sportvereine eine wichtige soziale und gesundheitliche Funktion", betont er.
Natur als starkes Lockmittel
Was motiviert Menschen zu Sport und wie können die inaktiven 60 Prozent der Bevölkerung angesprochen werden? Damit befasste sich eine Studie am Uni Wien-Institut, als deren Ergebnis ein Maßnahmenkatalog entwickelt wurde. Es würden jedoch laufend Motivationsstudien durchgeführt, so Weiß. Ein gutes Drittel der Inaktiven sei grundsätzlich bereit, sich zu bewegen - am liebsten in der Natur. Das erkläre den anhaltenden Nordic Walking-Boom, heißt es in der Studie. An vorderster Front der Motivationsgründe steht die Freude an der Bewegung, gefolgt von Fitness und Gesundheit, Entspannung und Stressabbau sowie Naturerlebnis. Auf den Rängen folgen: Leistungsfähigkeit bis ins hohe Alter erhalten, schöner und gesunder Körper, Sozialkontakte, körperliche Leistung erbringen, außergewöhnliche und abenteuerliche Erlebnisse, Wettkampf-Situation. Um das sportliche Engagement zu fördern, sei eine Imagekorrektur notwendig, so eine der Schlussfolgerungen: Um Sport zu betreiben, müsse man nicht sportlich sein. Wer Jugendliche erreichen wolle, müsse außerdem Sportarten anbieten, die ihre Identität stärken und ihrem Selbstbild entsprechen. Besonders wichtig sei es, den "turn-gefrusteten" Mädchen im Teenageralter Erfolgserlebnisse zu vermitteln.
Gesundheitskosten senken: Sport statt Medizin
Um das Bewusstsein von Bewegung für das körperliche Wohlbefinden zu erhöhen, wurde außerdem im Rahmen des Projekts "Bewegt Gesund" - ins Leben gerufen von Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) und "Fit für Österreich", eine Initiative des Sportministeriums, der Österreichischen Bundes-Sportorganisation (BSO) und der Sport-Dachverbände ASKÖ, ASVÖ und Sportunion - versucht, Patienten mit Übergewicht, Bluthochdruck oder Diabetes Mellitus Typ II durch Sport auf Krankenschein an eine gesündere Lebensweise heranzuführen. Die Palette reichte dabei von Badminton über Gymnastik und Yoga bis zu Karate und Taekwondo. Laut Auskunft der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) wurde das Projekt nach fünf Jahren Laufzeit beendet, da das Ziel - eine langfristige Gewichtsreduktion - sich nur durch Bewegung als schwer erreichbar herausstellte. Seit 2014 existiert nun das Projekt "rundum gsund" für stark Übergewichtige, das zwar auch auf körperliche Aktivität, zusätzlich jedoch auf Ernährung und psychische Gesundheit abziele und durch Koch-Workshops abgerundet werde.
Weil die Kosten für die Behandlungen von Zivilisationskrankheiten enorm gestiegen sind, rechnet es sich auch volkswirtschaftlich, auf eine sportliche Bevölkerung zu achten, zeigte ein vom Uni Wien-Institut erstelltes Cost-Benefit-Modell des Breiten- und Freizeitsports in Österreich. Es errechnete für die Jahre 1998 und 2013 die volkswirtschaftlichen Kosten von Sportunfällen und -verletzungen sowie den gesundheitsökonomischen Nutzen sportlicher Aktivität. Bereits in der ersten Studie habe sich gezeigt, dass die deutlich höheren Kosten für den Staat durch Bewegungsmangel-Krankheiten wie Herzinfarkt, Diabetes Typ II, Bluthochdruck, Krebserkrankungen und Rückenschmerzen entstünden. Bei der zweiten Studie hatten sich die jährlichen Einsparungen durch Sportausübung bereits verdreifacht und lagen bei 712 Millionen Euro (1998: 265 Mio.).
Island macht es vor
Dass eine Investition in den Breitensport neben der besseren Fitness und gestärkten Nachwuchsarbeit auch weitere positive Effekte mit sich bringen kann, zeigt sich laut Weiß in Island, das trotz seiner nur 332.000 Einwohner zu den besten Nationen im Handball, Basketball und auch Fußball zählt. Das Geheimnis: flächendeckende Ausstattung mit Sporthallen, und qualifizierte Trainer bereits für die Jüngsten. "Das ist ein schönes Beispiel, wie es gelingen kann. Den Schülerinnen und Schülern wurden nach der Schule Sport und andere Freizeitaktivitäten angeboten, die sehr gut angenommen wurden. Auch der Drogen- und Alkoholmissbrauch unter Jugendlichen ist dadurch drastisch zurückgegangen", erläutert Weiß.
Von Sylvia Maier-Kubala / APA-Science