London im österreichischen Licht
Viel Erfolg gönnt man Österreichs sportlichen Vertretern bei den Olympischen Spielen, aber bei realistischer Betrachtung werden die heimischen Unternehmen in London ihre Energien wohl effizienter einsetzen. Einige Firmen konnten bereits im Vorfeld der weltweit größten Sportveranstaltung ihre über Jahre hinweg erworbene Kompetenz und Innovationsfähigkeit unter Beweis stellen.
Die Entwicklungsarbeit muss eigentlich schon vor dem Auftrag geleistet sein, war aus den verschiedenen Unternehmen zu hören. Man kann nicht erst mit dem "innovativ werden" beginnen, wenn schon längst umgesetzt werden sollte, meinte etwa ein Vertreter eines arrivierten österreichischen Lichtexpertenteams. Unterm Strich lässt sich sagen, dass die Basis bereits Jahre zuvor in den Entwicklungsteams gelegt worden sein muss und auf Erfahrungen von Vorprojekten aufgebaut werden kann.
Die Unternehmen verfolgen mit ihren technologischen Konzepten zum Teil auch ökonomische und nachhaltige Visionen. So hat man bei der Tiroler TiSUN (Söll) zum Beispiel die Vision, dass bis 2020 ein Fünftel des Energiebedarfs mit Solarenergie gedeckt werden soll. Einen Beitrag dazu leistet man im Kanu-Wildwasserpark Lee Valley White Water Park. Dort versorgen die Solarxperten mit einer Kollektorfläche von 144 m2 Restaurants und Sanitäreinrichtungen mit Warmwasser. Eine derartige Großflächenanlage im internationalen Rampenlicht hat für das Unternehmen einen großen Stellenwert. „Das macht uns stolz. Schon allein deswegen, weil die Technologie in Österreich entwickelt und hergestellt wurde“, erklärte eine TiSUN-Sprecherin gegenüber der APA.
Ein derartiges Projekt brauche eine gesonderte Planung. Da seien Entwickler, Techniker und Planer im Team gefordert. Die CO2-Einsparung soll sich laut den Unternehmensangaben deswegen schon allein während der Spiele auf 4,2 Tonnen belaufen.
Spiele versorgen, Stadtviertel mitentwickeln
Mit Blockheizkraftwerken (BHKW, combined heat and power, CHP) ist das ebenfalls aus Tirol stammende Unternehmen Jenbacher, Tochter des weltweit agierenden GE-Konzerns, bei den Olympischen Wettkämpfen vertreten. Die Energiefirma ist bereits ein Routinier bei derartigen Veranstaltungen. 2006 wurde das Olympische Dorf bei den Winterspielen in Turin mit CHP aus dem Hause Jenbacher beheizt. Die Tiroler werden auch in Zukunft Partner des IOC - so etwa bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi und den Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro - sein.
Diesmal stehen die Jenbacherschen BHKWs laut Simon Wright, Direktor für Infrastruktur und Versorgung der Olympic Delivery Authority, direkt im Herzen der Energieversorgung des Olympiaparks und "liefern ihren Beitrag zu energieeffizienten Spielen". Die Veranstalter haben sich das Ziel gesetzt, 20 Prozent an CO2-Emissionen während der Spiele unter anderem durch den Einsatz von alternativen Energietechnologien einzusparen.
Der Energiepark Stratford City wurde mit zwei 3,3-MW-BHKW (Typ J620) ausgestattet, womit sowohl der Olympiapark als auch Erneuerungsgebiete in East London mit Wärme und elektrischer Energie versorgt werden. Die Tiroler Technologie wird noch mindestens weitere 40 Jahre nach den Spielen durch die Energiebereitstellung zur Entwicklung des neuen Wohn- und Geschäftsviertels beitragen.
In King’s Yard am westlichen Ende des Olympiaparks steht ebenfalls eine 3,3-MW-Anlage, die unter anderem die Wärmeversorgung des Aquatic Centers gewährleistet. Die Energiezentren könnten das weitere Wachstum von Stratford City und Kings Yard mit Leistungen von 200 MW Wärme, 64 MW Kühlung und 30 MW Strom gewährleisten, erklärt man bei Jenbacher. Während der Spiele würden zudem zehn Prozent der gesamten elektrischen Last des Stadtteils durch die Anlagen abgedeckt.
Lichtbringer und -macher
Licht in die Sache bei den Olympischen Spielen aber auch bei der Fußball-Europameisterschaft bringen österreichische Unternehmen auf hohem Niveau. So hat etwa die Zumtobel AG über ihre beiden Töchter Zumtobel und Thorn das Bernstein-Stadion in Danzig ausgestattet. Zumtobel steuerte für die Innenbeleuchtung ein intelligentes, auf Energieeffizienz ausgerichtetes Lichtmanagement bei. Das ursprünglich britische Unternehmen Thorn sorgte für eine ordentliche Lichtflutung des Spielfelds.
Bei aller vorgeleisteter Entwicklung brauche jedes Projekt eine enge Abstimmung mit den Entscheidungsträgern. Es bedürfe nämlich immer einer individuellen Lösung. Als Komplettanbieter begleite man den jeweiligen Auftrag von der Projektentwicklung über die Realisierungsphase bis hin zur Inbetriebnahme und der Wartungstätigkeit, erklärt man bei Zumtobel.
Zum Thema Energieeffizienz merkt man an, dass das kein neues Thema und mittlerweile nicht mehr wegzudenken sei. „Das ist eines unserer Hauptargumente. Es steht meist ganz weit oben auf der Anforderungsliste“ , meinte ein Vertreter von Zumtobel im Gespräch mit der APA. Man investiere daher bereits seit Jahren in energieeffiziente Innovation und strebe nach ganzheitlichen Lösungen.
Auch wenn das vergangene Jahr für die Zumtobel AG wirtschaftlich nicht sonderlich prickelnd verlief, will man sich weiter auf die Entwicklung der LED-Technologie konzentrieren. LED sei auch ohne Förderungen konkurrenzfähig, erklärte kürzlich Konzernchef Harald Sommerer. 2011 sind demnach mehr als zwei Drittel der 70 Forschungs-Millionen in die LED-Technologie geflossen, die im Vorjahr 14,3 Prozent (2010/11: 8,2 Prozent) des Gesamtumsatzes ausmachte. "Das sind die Umsätze von morgen und übermorgen", so Sommerer.
Heller Brückenschlag
Dass neben Großunternehmen auch Klein- und Mittelunternehmen (KMU), die außerhalb ihrer Branche der breiten Masse wenig bekannt sind, bei sportlichen Großevents aufzeigen können, zeigt sich an den "olympischen" Projekten der Lichtexperten von Bartenbach (Aldrans, Tirol) und Xenon Architectural Lighting (XAL, Graz). So sorgt etwa Bartenbach für die Lichtausstattung der Central Park Bridge. Die architektonisch einzigartige Fußgängerbrücke verbindet das neue Olympiastadion mit der Wassersportarena.
Bartenbach bekam den Zuschlag für die Abstimmung der lichttechnischen Konzeption auf die Brückenarchitektur. Während die Fußgängerbrücke mittels vertikaler LED-Linien erleuchtet wird, wird der Edelstahl verkleidete Unterteil der Brücke mit schwenkbaren und individuell einstellbaren Spots angestrahlt. Für die Platzbeleuchtung wurden laut den Angaben individuell einstellbare 15 bis 18 Meter hohe Mastleuchten konzipiert. Die schwenkbaren Strahler sind mit Halogen-Metalldampflampen ausgestattet, um den Platz dank der unterschiedlich ausgerichteten Winkelstellungen optimal und blendfrei auszuleuchten.
Auch für die temporäre Lichtausstattung der Brücke und ihr Umfeld haben die Londoner auf Bartenbach zurückgegriffen. Auf dem Platz vor der Brücke wurden Strahler eingebaut, die in den olympischen Farben die Olympiaringe illuminieren. "Dabei entsteht das Gefühl, sich über einen 'Konfettiteppich' zu bewegen", umreißt Bartenbach Lichtlabor in einer Projektbeschreibung.
"Bei so einem Projekt heißt es, sich konsequent nach den Wünschen der Auftraggeber bezüglich Spezifikationen und Normen zu richten", erläuterte ein Projektverantwortlicher gegenüber der APA. Es sei somit unabdingbar, über die technischen Anforderungen wie Leuchten und Gehäuse hinauszudenken. "Im ersten Schritt sucht man nach Lösungen am Markt. Doch es kommt schon vor, dass es technischer Anpassung bedarf oder die Systemtechnik noch nicht existiert. Dann kommt unsere Entwicklungsabteilung ins Spiel", erklärte der Bartenbach-Vertreter. 30 Prozent des Gesamtumsatzes entfällt bei Bartenbach laut eigenen Angaben auf Forschung und Entwicklung. Gerne werde auf hauseigene Entwicklungen zurückgegriffen, wie etwa den LED-Lochstrahler als integriertes Deckenelement.
Viel Arbeit, viel Prestige im Ausnahmezustand
Lichtlösungen für die Handball-Halle und die Hockey-Arena (Innenräume und Gänge) kommen wiederum von XAL, einem relativ jungen, aufstrebenden Unternehmen aus Graz. Zentrales Moment, um bei Events wie den Olympischen Spielen zum Zug zu kommen, sei, schon früh dabei zu sein und bei den Planern und den Architekten sich bereits einen Namen gemacht zu haben, umreißt Florian Schaubach, Sales Director UK bei XAL, den "goldenen Weg". Bei Auftragsvergabe müsse man auf bereits fertige Entwicklungen zurückgreifen können. Da seien lediglich Adaptionen möglich, denn „die wirkliche Arbeit fängt erst an, wenn der Auftrag da ist“, so Schaubach.
Bei den Olympischen Spielen als Auftragnehmer mitzuwirken, bringe auch eine Menge an Verantwortung mit sich. "Das war von Anfang an zu spüren", schildert der XAL-UK-Vertreter. "Die Auftraggeber wissen natürlich, dass die Spiele auch für uns eine absolute Prestigesache sind", erzählt Schaubach weiter. Das habe Einfluss auf die Verhandlungen gehabt. Man müssen sich schon fragen: "Wieviel ist es uns wert, bei diesem Projekt dabei zu sein?"
Auf einem ganz anderen Level war laut XAL die Logistik eine große Herausforderung. Schaubach erzählt von einem dauernden Ausnahmezustand. "Der Olympische Park – damals noch die 'Olympische Baustelle' - war ein Hochsicherheitstrakt. Wir mussten uns mit Vertretern der Baufirmen in nahegelegenen Cafes oder U-Bahn Stationen treffen, um Muster oder Produktliteratur herzuzeigen. Auf die Baustelle selbst durfte man nur nach umfangreichem Backgroundcheck und mehrtägiger Einschulung. Die Angst vor Terrorismus war und ist sehr präsent. Bei den Lieferungen selbst war der Koordinationsaufwand enorm. Uns wurden extrem enge Zeitfenster für Lieferungen gegeben. Wenn die Lieferung zu diesem Zeitpunkt nicht angekommen ist, mussten wir um ein neues Zeitfenster ansuchen, teils Tage später", fasst er die einzigartige Atmosphäre zusammen.
Von Hermann Mörwald/APA