Regionalzüge werden dank GPS-Zugleitsystem sicherer
Bei Nebenbahnen sind aus Kostengründen meist keine Sicherungsanlagen mit aufwendiger Verkabelung in Verwendung. Stattdessen wird der Schienenverkehr von einem zentralen Zugleiter geregelt, der über Sprechfunk oder Telefon den Betrieb einer Strecke koordiniert. Züge werden für gewisse Streckenabschnitte freigegeben und andere zum Warten aufgefordert. Die Vergangenheit hat leider bewiesen, dass dieses System fehleranfällig ist. Unfälle aufgrund menschlichen Versagens kommen auf Zugstrecken immer wieder vor.
Die Lösung für das Problem bietet ein GPS-gestütztes Zugleitsystem: Ein Zug steht im Bahnhof A und will in Richtung Bahnhof B losfahren. Der Bordcomputer stellt über Datenfunk eine Fahranfrage an die Zentrale und fordert den Dispatcher auf, den Zug freizugeben. Der Dispatcher prüft via GPS-Ortung, ob sich andere Züge auf der Strecke befinden. Ist die Strecke frei, sendet die Zentrale eine elektronische Freigabe zurück an den Bordrechner des Zuges. Bis die Freigabe erteilt wird, kann der Zug nicht Richtung Bahnhof B abfahren.
Während der Zug in Bewegung ist, überwacht das Bordgerät die Fahrt via GPS und sorgt dafür, dass rechtzeitig gebremst wird. Bevor die nächste Haltestelle erreicht wird, erinnert der Bordrechner den Lokführer optisch und akustisch daran, die zeitgerechte Bremsung einzuleiten. Der Fahrer muss die Erinnerung bestätigen. Tut er das nicht, wird sofort gebremst.
GPS-System bringt immense Kostenersparnis mit sich
Das Besondere am GPS-gestützten Zugleitsystem ist, dass die gesamte Kommunikation zwischen Zug und Zentrale über Datenfunk passiert und dass alle Fahraufträge sowie Signalbegriffe gleich am Führerstand auf einem Display angezeigt werden. Entlang der Strecke gibt es keine Signale mehr. Das bringt eine enorme Kostenersparnis mit sich. Alles was an Infrastruktur bzw. Streckenausrüstung nötig wäre, kann eingespart werden. Das bringt für Lokalbahnen eine große wirtschaftliche Erleichterung mit sich.
Seit 2010 kooperiert Siemens mit der Fachhochschule (FH) Wels, die sich mit Eisenbahnsignaltechnik beschäftigt. Die Kooperation läuft in Form eines weltweiten Lizenzvertrages, um das von der FH entwickelte Software-System zu nutzen. Die Kooperation zeigt, wie auf Hochschulen entwickelte Technologie zur Marktreife gebracht werden kann. Das erste umgesetzte Projekt war die Pinzgauer Lokalbahn in Salzburg, die seit 2011 im Fahrbetrieb ist. Die Fahrgastzahlen haben sich vervielfacht, da die Taktfrequenz erhöht wurde: Im S-Bahnbetrieb fährt nun alle zehn bis 15 Minuten ein Zug. Ein derart dichter Zugbetrieb wäre ohne Sicherungsanlage unmöglich, da das Unfallrisiko zu hoch wäre. Außerdem spart das GPS-gestützte Zugleitsystem 80% der Kosten im Vergleich zu einem konventionellen, verkabelten System.
System bereits international nachgefragt
Trainguard STC (Satellite Based Train Control), so der Produktname, wird mittlerweile auch international vermarktet – es gibt Anfragen aus der Mongolei, aus Afrika und aus Südamerika. Besonders interessant ist das GPS-Sicherungssystem für Bahnen mit eingeschränkten Infrastrukturmöglichkeiten. So zum Beispiel Minenbahnen in Afrika, die Güter auf extrem langen Strecken transportieren. Dieser Einsatzbereich im Güterverkehr stellt andere Anforderungen an das System, als Bahnen mit Fahrgastbetrieb. Die Weiterentwicklungen für diese speziellen Anforderungen erfolgen weiterhin in Zusammenarbeit mit der FH Wels.
SATLOC – Satellite based operation of local traffic lines, ist eine Weiterentwicklung des Systems, das bei der Pinzgauer Lokalbahn im Einsatz ist. Ziel ist es, ein Standardsystem für Bahnen mit allgemeinen Schnittstellen und Rahmenbedingungen zu definieren. SATLOC ist ein Forschungsprojekt, das in Kooperation mit der UIC, dem internationalen Verband der Eisenbahnen mit Sitz in Paris, abgewickelt wird. In unterschiedlichen Arbeitskreisen des UIC sind Industrie, Hochschulen und Bahnunternehmen vertreten. Einer dieser Arbeitskreise beschäftigt sich mit der Nutzung von GPS-gestützten Systemen für Bahnen. Da der Zugbetrieb in verschiedenen Ländern unterschiedlich organisiert ist, müssen die Bahnen ihre betrieblichen Vorgaben vereinheitlichen, um ein satellitengestütztes Zugleitsystem einsetzen zu können. Ziel von SATLOC ist, die operativen und technischen Voraussetzungen für ein satellitengestütztes Zugleitsystem, das international zum Einsatz kommt, zu definieren. Nach der Definition der Spezifikationen wird das System in Kooperation mit einem Rumänischen Bahnbetreiber getestet und zur Marktreife gebracht. Das Projekt wird von der EU gefördert und läuft noch bis Mai 2014.
Quelle: Siemens