Freude über Perspektive, Kritik an neuem Namen
Das Haus der Geschichte Österreich (hdgö) kann am 10. November nun doch mit der Aussicht auf eine "langfristige Perspektive" eröffnen. Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka gaben am Mittwoch mit hdgö-Direktorin Monika Sommer den künftigen Fahrplan bekannt. Dieser umfasst eine Subventionserhöhung, den Weg in die Eigenständigkeit und einen neuen Arbeitstitel.
Statt "Haus der Geschichte Österreich" könnte das Museum, das künftig nicht mehr an die Nationalbibliothek angebunden sein soll, "Haus der Republik" (Arbeitstitel) heißen und als eigenständiges Haus dem Parlament angenähert werden - in welcher Form genau, soll noch erarbeitet werden. "Wenn man Republiksgeschichte vermitteln will, ist das ohne das Parlament nicht möglich", so Blümel. Die wissenschaftliche Unabhängigkeit sei in jedem Fall garantiert. Angedacht sei eine ähnliche Konstruktion wie beim Nationalfonds oder dem Restitutionsfonds, wie Sobotka betonte. "Die Verantwortung, sich der Geschichte der Republik zu stellen, hat in einem großem nationalen Bogen zu erfolgen", unterstrich der Nationalratspräsident. Eine Task Force soll nun mit der Arbeit beginnen und die Ergebnisse der demnächst startenden Evaluierung des Hauses in ein Konzept gießen.
Rathkolb: "Ohne 19. Jahrhundert geht nichts."
Kritisch sieht den Begriff "Haus der Republik" der Zeithistoriker Oliver Rathkolb, der dem wissenschaftlichen Beirat vorsteht. "Ich glaube, der Begriff 'Haus der Republik' wird aus der Diskussion schnell wieder verschwinden. Ich werde mich jedenfalls gegen diesen Namen aussprechen", sagte er nach Bekanntwerden der Pläne gegenüber Journalisten. "Der Parlamentspräsident hat einen ersten Vorschlag vorgelegt, darüber bin ich froh. Wir werden aber rasch einen eigenen Vorschlag aus unserer Perspektive vorlegen." Auch Hans Walter Hütter äußerte sich wenig begeistert: "Der Begriff 'Haus der Republik' hat mich überrascht, die wichtigste Formulierung dabei lautet für mich: 'Arbeitstitel'. 'Haus der Geschichte' ist mittlerweile ein international eingeführter Begriff, der auch vom Europarat empfohlen wurde. Und er grenzt sich bewusst gegen dem Begriff Museum ab." Der Präsident der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wurde neben der Luxemburger Kunsthistorikerin Daniele Wagener heute als neues Beiratsmitglied vorgestellt.
Eine Einschränkung des von der Institution abzudeckenden Zeitraumes können sich die im Beirat vertretenen Wissenschafter nicht vorstellen. Rathkolb: "Die Geschichte der Republik ist ohne Vorgeschichte nicht zu verstehen. Ohne 19. Jahrhundert geht nichts." Direktorin Monika Sommer zeigte sich abwartend. "Mir ist wichtig, dass heute ein grundsätzliches Bekenntnis zur Weiterführung abgegeben wurde. Die heutige Pressekonferenz hat einen Stein ins Rollen gebracht. Wir haben das Signal bekommen, dass man es angehen will." Einen möglichen Standortwechsel ins sanierte Parlament kann sie sich vorerst nicht vorstellen: "Das muss man prüfen. Wir haben darüber keine Unterlagen. Tatsache ist: Der Heldenplatz ist ein guter Standort." Vorerst freut sie sich vor allem über die Subventionserhöhung für 2019 von 1 auf 1,5 Mio. Euro.
Sommer erinnerte bei der Pressekonferenz an die Zeit ihrer Bestellung im Februar 2017: "Als ich den Auftrag übernahm, war die Zukunft ungewiss", so Sommer. Sie wolle nun gemeinsam an jenem Fundament weiterbauen, das man in den vergangenen Monaten geschaffen habe. "Wir werden am 10. November das Modul 1 eröffnen. Damit füllt die Republik eine Lücke und gibt ihrer jüngeren Geschichte einen eigenen Raum." Sie sei glücklich, dass nun ein "gemeinsamer Weg" skizziert sei, die Unabhängigkeit werde gewahrt bleiben.
Kritik von NEOS und Liste Pilz
Anders sieht das Wolfgang Zinggl, Kultursprecher der Liste Pilz. "Diese Ankündigung ist widersprüchlich: Die Loslösung von der Nationalbibliothek soll die Eigenständigkeit ermöglichen, gleichzeitig wird das Haus an das Parlament angebunden. Daraus ergibt sich keine Unabhängigkeit, es wird nur die Abhängigkeit von einer Instanz an eine andere übertragen", so Zinggl in einer Aussendung. "Und das ist mitnichten eine Verbesserung: Denn damit wird die Programmierung des Hauses und die Darstellung unserer Geschichte fortan an politische Mehrheitsverhältnisse geknüpft. Solange es keine gesetzliche Regelung gibt, die das Haus der Republik aus der tagespolitischen Einflussnahme befreit, ist die wissenschaftliche Unabhängigkeit der Institution nicht gewährleistet."
Wenig überzeugt reagierte auch NEOS-Kultursprecher Sepp Schellhorn: "Kulturminister Blümel offenbart mit seinem Vorgehen, 16 Tage vor Eröffnung des Hauses der Geschichte den Namen und die Aufstellung zu ändern, sein völliges Unverständnis von Museumsprojekten dieser Wichtigkeit und Größenordnung." Die Republik habe sich ein unabhängiges Haus der Geschichte verdient, "das mit freien Händen unsere jüngere Geschichte aufarbeitet und kein Museum, das als Spielzeug des zuständigen Ministers nach Belieben umbenannt und umgeformt wird. Dass jetzt weder der finale Standort noch die Finanzierung nach 2019 fixiert sind, ist nicht hinnehmbar." Auch die Herauslösung aus der Nationalbibliothek und eine Bindung an das Parlament sieht er kritisch: "Ein Museum, das sich um die Geschichte der Republik kümmern soll, darf keinesfalls am Gängelband der Politik hängen und muss unabhängig handeln können."
Diese Bedenken wollte Sobotka bereits bei der Pressekonferenz zerstreuen: "Kein Historiker und keine Historikerin wird von einer Partei bestellt", sagte er. Das Parlament habe - etwa beim Nationalfonds oder dem Restitutionsfonds - immer klar gezeigt, "dass ein gemeinsames Vorgehen, ein nationaler Schulterschluss erreicht wird und zugleich die Unabhängigkeit der Wissenschaft gesichert ist". Das Parlament müsse der Ort sein, "wo man eine wissenschaftliche Auseinandersetzung im nationalen Konsens ermöglicht. Die Identität Österreichs soll in allen Ebenen und allen Teilen der Republik gestärkt werden."
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