Haus der Geschichte - Wissenschaftlicher Beirat ist gegen Umbenennung
Überrascht von der heutigen Pressekonferenz zur Zukunft des Haus der Geschichte Österreich (hdgö) wurde der wissenschaftliche Beirat des Hauses, der in seiner neuen Zusammensetzung am 24. Oktober das erste Mal zusammentrat. Eine Umbenennung in "Haus der Republik" und eine Änderung des bisherigen Arbeitsauftrags werde man keinesfalls widerspruchslos hinnehmen, stellte man gegenüber Journalisten klar.
Eigentlich hätte es eine Routinesitzung sein sollen, in der die Kunsthistorikerin Daniele Wagener, Gründungsdirektorin des Historischen Museums der Stadt Luxemburg, und Hans Walter Hütter, Präsident der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und bisher Mitglied des internationalen Beirats des hdgö, erstmals teilnahmen. "Wir sind glücklich über die Erweiterung des wissenschaftlichen Beirats durch zwei internationale Kapazunder des Museumswesens", hob hdgö-Direktorin Monika Sommer dann auch hervor. Die Bestellung der beiden neuen Mitglieder durch Wissenschaftsminister Heinz Faßmann (ÖVP) war durch den im Sommer erfolgten Rücktritt von Eva Blimlinger und Gerhard Baumgartner notwendig geworden.
Unversehens wurde man Zeuge einer Pressekonferenz, in der Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka die Zukunft des hdgö skizzierten. "Der Begriff 'Haus der Republik' hat mich überrascht", gab Hütter zu. "Die wichtigste Formulierung dabei lautet für mich: 'Arbeitstitel'. 'Haus der Geschichte' ist mittlerweile ein international eingeführter Begriff, der auch vom Europarat empfohlen wurde. Und er grenzt sich bewusst gegen dem Begriff Museum ab." Auch Beiratsvorsitzender Oliver Rathkolb betonte: "Ich glaube, der Begriff 'Haus der Republik' wird aus der Diskussion schnell wieder verschwinden. Ich werde mich jedenfalls gegen diesen Namen aussprechen. Der Parlamentspräsident hat einen ersten Vorschlag vorgelegt, darüber bin ich froh. Wir werden aber rasch einen eigenen Vorschlag aus unserer Perspektive vorlegen. Ich gehe davon aus, dass wir gehört werden. Ich hoffe, gerade zum 100. Geburtstag der Republik, auf einen Prozess der demokratischen Willensbildung. Und auch auf eine vernünftige Klärung der Raumfrage."
Hütter für Standort Neue Burg
Die bleibt auch weiterhin ungeklärt. "Ich bin ein leidenschaftlicher Verfechter des Standortes in der Neuen Burg", erklärte Hütter. Auf Spekulationen, ob das angestrebte Andocken ans Parlament auch eine neue Raumlösung im umgebauten und sanierten Parlament bringen könnte, wollte sich Sommer nicht einlassen: "Das muss man prüfen. Wir haben darüber keine Unterlagen. Tatsache ist: Der Heldenplatz ist ein guter Standort." "Ich ergänze: Der Heldenplatz wäre auch für einen Neubau eine gute Lösung", betonte Rathkolb. "Die künftige Lösung muss sich an internationalen Levels orientieren und darf keine österreichische Eintopflösung werden."
Internationale Perspektiven soll ein Arbeitspapier einbringen, das Wagener erarbeiten wird. "Wir gehen davon aus, dass der wissenschaftliche Beirat mit zwei Mitgliedern in der angekündigten Task Force vertreten sein wird", zeigte sich Rathkolb zuversichtlich. "Die wissenschaftliche Unabhängigkeit ist wichtig. Sicherzustellen ist aber auch die institutionelle Selbstständigkeit. Da scheint noch nicht alles ganz klar zu sein", meinte Hütter. "Eine Anbindung an das Parlament ist aber auch ein starker Ausdruck des politischen Willens." Rathkolb könnte dem durchaus etwas abgewinnen: "Ein Vorteil einer näheren Anbindung an das Parlament wäre der leichtere Zugang zu Budgetmitteln. Aber das Parlament ist keine Museumsagentur. Man muss sich da kreative Lösungen überlegen. Wir treten jetzt in die zweite Phase. Jetzt geht es um die Gründung einer Institution."
Eine Einschränkung des derzeit im 2016 novellierten Bundesmuseengesetz festgeschriebenen Auftrags, "die Zeitgeschichte Österreichs ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit thematischen Rückblicken in die Zeit der Aufklärung und davor (...) in ihrem europäischen und internationalen Kontext" zu vermitteln, können sich die Beiratsmitglieder nicht vorstellen. "Wir haben das im internationalen Beirat mehrere Tage lang diskutiert: Wo beginnt die Präsentation und wo hört sie auf? Die jetzige Ausstellung ist für uns nur ein erstes Modul. Die Behandlung der Geschichte ab 1918 ergibt sich aus dem jetzigen Jahrestag, ist aber ohne die Vorgeschichte des 19. Jahrhunderts nicht zu begreifen", sagte Hütter. Ähnlich Rathkolb: "Die Geschichte der Republik ist ohne Vorgeschichte nicht zu verstehen. Ohne 19. Jahrhundert geht nichts." Eigentlich würde ein "Haus der Republik" auch die Zeit 1933-45 nicht umfassen. "Streng genommen haben Sie recht. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Minister Blümel das so gemeint hat."
hdgö-Direktorin Monika Sommer, die wenige Tage vor der Eröffnung ihres Hauses von den jüngsten Entwicklungen ebenso überrascht wurde, möchte den heutigen turbulenten Tag in jedem Fall positiv sehen: "Mir ist wichtig, dass heute ein grundsätzliches Bekenntnis zur Weiterführung abgegeben wurde. Die heutige Pressekonferenz hat einen Stein ins Rollen gebracht. Wir haben das Signal bekommen, dass man es angehen will."